NatureTour Iceland | Tag 2

Ausgeruhter als am Vortag bekommen wir ein gutes Frühstück, das uns zusätzlich stärkt und für den Tag vorbereitet.

Gleich zu Beginn wollen wir uns um das Problem mit dem Reifen kümmern und steuern eine Werkstatt an die wir am Vortag gesehen haben. Nach einer kurzen Erklärung, wir möchten nur den Reifendruck korrigiert haben, wird diesem Wunsch zwar zögerlich aber doch nachgekommen, kostenfrei. In Island ist Trinkgeld nicht üblich und die Reaktion als ich als Dankeschön umgerechnet 8 Euro übergebe ist verblüfft und etwas verschämt. Mit einem lächeln und der Bestätigung ich bedanke mich gerne für gutes Service in dieser Art wird es dann doch akzeptiert. Gut.

Der Weg führt uns auf der Ringstraße 1 weiter Richtung Osten und unterwegs entschließen wir uns kurz an einer Tankstelle zu halten. Die Tankstellen in Island funktionieren, soweit wir das erleben, ausschließlich mit Kartenzahlung, entweder mit einer PrePaid-Karte des Tankstellenbetreibers oder einer Kreditkarte, hin und wieder werden auch EC-Karten akzeptiert. Tanken und dann beim Tankwart bezahlen gibt es nicht. Es gibt vom Mietwagenverleiher einen Chip mit dem man angeblich günstiger tanken könnte, um ehrlich zu sein haben wir das nie versucht und als uns andere ansprachen wie das funktionieren soll, können wir keine Antwort geben, das ist uns einfach nicht wichtig genug.
An dieser Tankstelle, wie an vielen anderen, gibt es einen kleinen Supermarkt und der wird natürlich auch besucht um etwas Proviant und Getränke für unterwegs zu besorgen. Das Sortiment ist übersichtlich, dennoch findet sich auch für vegan lebende Menschen wie uns einiges in den Regalen und sind sehr positiv überrascht. Die Annahme es gibt dort maximal Toastbrot und Wasser ist unbegründet, es finden sich unterschiedliche Hummus-Sorten und andere Aufstriche und in diesem Markt finden wir auch Party-Messer mit denen sich ganz hervorragend ein Brot bestreichen lässt. In anderen Supermärkten einige Tage später können wir auch noch veganen Käse und Tofu finden und auch unterschiedliche Soya-Produkte oder Mandelmilch gibt es in gut sortierten Supermärkten. Eine Supermarktkette ist für Veganer schlicht unbrauchbar, Bonus – den Markt, der gar nicht so klein war, den wir besucht haben hat kein einziges Produkt für Veganer. Erst nach langem Suchen konnten wir dort eine Hummus-Sorte und eine Packung Soya-Milch entdecken. Diese Kette ist die rühmliche Ausnahme, denn in jedem Ort, sei er noch so abgelegen findet man als Veganer ein Mindestmaß an Nahrungsmitteln und in den Hotels gibt es entweder bereits vegane Speisen auf der Karte oder man bespricht den Wunsch mit dem Küchenchef des Restaurants (egal ob Hotel oder unterwegs) und bekommt stets hervorragende Speisen serviert

Und weiter geht’s
Zunächst geht es entlang der 1 durch den Ort Hella und Hvolsvöllur. In Island wird man immer wieder auf Orte und Flüsse stoßen, die mit Hv beginnen und das wird in Island als kv ausgesprochen. So ist die Lautschrift zu Hvolsvöllur [ˈkvolsˌvœtlʏr̥]. Nachdem wir den Gletscherfluss Markafljót passiert haben, sehen wir kurz danach links den Wasserfall Seljalandsfoss, der als Touristenattraktion beschrieben ist, weil man hinter den Wasserfall spazieren kann. Abgeschreckt durch die von weitem sichtbaren Reisebusse – die nervenaufreibenden Stunden vom Vortag in Erinnerung – und der doch nicht so imposanten Erscheinung des Wasserfalls, Gullfoss war doch erheblich beeindruckender, entscheiden wir uns nicht stehen zu bleiben, bzw. suchen einen anderen Weg der uns die Landschaft von einer anderen Seite zeigen kann. Das klappt aber nicht nach unserem Wunsch also setzen wir die Reise auf der Ringstraße 1 Richtung Skógar fort.
Soweit kommen wir aber gar nicht, denn unterwegs sehen wir eine Attraktion die in unserer Anleitung nicht drinnen steht, Eyjafjallajökull (auf Deutsch „Inselberge-Gletscher“), der Gletscher dessen Vulkan 2010 ausbrach. Von der Straße aus ist er schlecht zu sehen, man müsste hinfahren um dort eine kurze Expedition zu machen aber dazu fehlt uns leider die Zeit und die Ausrüstung, mit einem i30 ins Hochland zu fahren ist nicht mutig oder abenteuerlich, es wäre schlicht dumm.

Eyjafjallajökull

Nach dem kurzen Stopp geht es weiter, um kaum einen Kilometer weiter erneut anzuhalten, wieder bei einer Attraktion die nicht in der Reisebeschreibung erwähnt wird, Drangurinn í Drangshlíð 2. Hier handelt es sich um einen einzelnen Felsen, bei der Drangshlíd Farm, am Fuße des Eyjafjöll. Der Legende nach wurde der Felsen von Grettir ‚The Strong‘ Ásmundsson direkt von der Hrútafell-Klippe herausgerissen und hinterließ dort eine Kluft, die über Skarðshlíð liegt. In und unter dem Felsen liegen Höhlen und Durchgänge und es wurden dort Torf-Häuser, auch fornmannahús genannt, angebaut, die früher von einfachen Leuten bewohnt waren. Es wird darum gebeten, zum Schutz der alten Gebäude, sie nicht zu betreten oder zu berühren aber sinnerfassend lesen zu können ist wohl nicht allen Besuchern vergönnt.

Schon jetzt wird klar, dass wir vermutlich viele ungeplante Stopps haben werden, denn wir wollen das sehen was uns gerade zu diesem Zeitpunkt interessiert und nicht (nur) was uns zu interessieren hat. So blieben wir eben nicht bei Seljalandsfoss stehen, sondern bei unscheinbaren altertümlichen Steinbauten die in den Felsen führen. Wir möchten Plätze wie den Wasserfall gar nicht schlecht reden, andere mögen das als schöne, wertvolle Erfahrung mitnehmen, dagegen ist gar nichts zu sagen. Ich persönlich war bereits in Venezuela auf einem Tabletop-Berg und konnte dort von einer nicht allzu hohen Klippe ins vom Goldstaub schwarze Wasser springen, um dort hinter unterschiedliche Wasserfälle zu schwimmen und zu klettern. Man möge mir verzeihen, wenn ich durch diese Reiseerfahrung bereits zu verwöhnt bin um Seljalandsfoss die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. In Island selbst gibt es unzählige Wasserfälle, kleine und große, die mit einer schönen Landschaft punkten und das Erlebnis umfangreich gestalten, zum Wandern einladen und mehr Erlebnisse und Beobachtungen versprechen als ein Ort der von Touristenbussen belagert wird.

Wieder geht es weiter wo uns ein weiterer Wasserfall, Skógafoss, erwartet. Da dieser noch weniger einladend ist als der Letzte, ist es für uns eine leichte Entscheidung auch hier die Reise fortzusetzen. Es wird in der Beschreibung eine weitere Attraktion angekündigt, die Gletscherzunge Sólheimajökull des Gletschers Mýrdalsjökull, in der Schnee-Scooterfahrten angepriesen werden. Die Vorstellung mit einem Scooter über einen Gletscher zu fahren, sich dafür auch noch hinter Menschenmassen anzustellen, ist derart absurd, dass wir das mit einem erleichterten Grinsen ausgelassen haben.

Mýrdalsjökull

Die kurze Warteschlange bei den Restrooms haben wir noch in Kauf genommen, die dümmlichen Kommentare anderer Besucher, da ich mit meiner Frau warte, wenngleich Männer schnell in ihren Bereich kommen können, kann ich nur mit einem mitleidigen Kopfschütteln beantworten. Es ist schließlich meine Sache, ob ich mit meiner Partnerin aus Solidarität warte, etwas was diesen Ego-Trollen vermutlich nie in den Sinn kommen würde.
An einigen HotSpots für Touristen stehen Containergebäude mit WC-Anlagen für den Eintritt bezahlt werden muss, meist 200ISK (umgerechnet 1,70 EUR). Der Zutritt wird entweder durch Einwurf von 2x 100ISK Münzen möglich oder man kauft mit Karte einen Bon. Es ist wirklich erstaunlich wie viele Menschen ernsthaft überfordert sind den Strichcode an den Scanner zu halten um den Zutritt zu ermöglichen, selbst wenn andere Gäste ihnen das vorführen. In diesen Situationen bestätigt sich mein Verdacht, dass diese erwachsenen Leute – denen nichts fehlt, außer Lebenserfahrung – einfach zu unselbständig sind um eine Reise außerhalb von Gruppenveranstaltungen zu machen. Vermutlich würden sie verhungern, erfrieren oder vor lauter Überforderung gleich wieder umdrehen und nach Hause fliegen. Sorry, besser wärs, diese Leute stehen immer im Weg herum, ohne einer Regung von echtem Interesse an der Umgebung. Wie diese Menschen bis dahin durchs Leben gekommen sind, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis.
Nicht nur, dass es solche Menschen in Rekordzeit schaffen mich mit Ihrem Kindergartenverhalten unheimlich zu nerven, sind diese der Grund warum ich um Orte, an denen Reisebusse solche Menschen ausladen, gerne einen Bogen mache. Zum anderen würde ich schier den Verstand verlieren müsste ich eine Reise mit so einem Reisebus inmitten solcher Menschen machen. Allein die Vorstellung an interessanten Punkten stur vorbeizufahren, die Busse hielten nie bei wirklich sehenswerten Punkten, nur bei manchen HotSpots, um rechtzeitig zum Mittagessen oder sonstigen belanglosen Veranstaltungen zu kommen, würde vermutlich mit einem cholerischen Anfall enden. Wir reden hier zum Teil von Menschen in meinem Alter, das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, nicht einmal ansatzweise.
Wir hatten oft das Glück, selbst bei HotSpots, dann mit unserer umfangreichen Besichtigung fertig zu sein oder so gut wie, als die Busse eintrafen oder sie waren schon wieder weg, zu so wichtigen Terminen wie dem Kaffeekränzchen.

Der weitere Verlauf unserer Reise führte uns, wie unschwer zu erraten, entlang der Straße 1, bis wir rechts in die Straße 218 abbiegen, eine unbefestigte Straße die nicht durchgehend geöffnet ist.

Als wir dort waren galt eine Öffnungszeit von 6:00 bis 19:00 Uhr und das Ziel ist der Leuchtturm Dyrhólaey, ähm, eigentlich sind es die Brutkolonien am Berg und die beeindruckende Umgebung. Die Straße gabelt sich und führt rechts hinauf zum Leuchtturm oder geradeaus zu einem Parkplatz am Kirkjufjara Beach. Für Autos wie den i30 ist die Straße zum Leuchtturm nicht empfehlenswert, sondern man gelangt einfacher zum unteren Parkplatz. Von dort aus kann man in etwa 30 Minuten zum Leuchtturm hochwandern. Von oben beim Leuchtturm ist der Ausblick fantastisch und die Formation an der Küste ist wirklich einzigartig.


Wir brauchen natürlich um einiges länger, da wir uns unterwegs hinauf lange der Vogelbeobachtung widmen und Möwen bei akrobatischen Flugmanövern bestaunen. Unser Verhalten ist auch auffällig, weil wir uns länger als gewohnt an einem Platz aufhalten und unsere Ausrüstung führt zu manchem Interessensaustausch. So unterhalten wir uns mit einem Ranger, der uns wertvolle Tipps gibt oder einem amerikanischen Ehepaar, die uns eine gute Stelle für weitere Vogelbeobachtungen verraten. Manchmal ist es einfach vorteilhaft verrückte Nature-Nerds zu sein und das mit einem Master-Abschluss in Biologie auch wissenschaftlich begründen zu können.

Nachdem wir, wie üblich darauf warten müssen bis die Horden von ignoranten „Ich war da-Knipsern“ – die nach uns kommen und vor uns gehen – fertig sind, haben wir endlich Zeit uns der Schönheit dieses Platzes zu widmen. Eine Erkenntnis dieses Aufenthalts: Länger als vier Minuten hält es selbst den hartnäckigsten Poser nicht an einer Stelle, das macht die Menge an Vordränglern trotzdem nicht sympathischer.
Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen und haben bald den Platz wieder für uns allein und wandern mit guten Bildern auf den Speicherkarten zurück zum Kirkjufjara Strand, wo wir auf die Papageientaucher warten. In dieser Wartezeit können wir andere Vogelarten beobachten und werden mit einem wunderbaren Blick über die Bucht belohnt.

Eines der Highlights der Reise und insgeheim eines der Gründe die Reise nach Island anzutreten waren Papageientaucher, die nur in der Brutsaison an Land anzutreffen sind und sonst üblicherweise auf dem Wasser leben. Diese Tiere fliegen morgens aufs Meer halten sich den ganzen Tag dort auf, um am späten Nachmittag ab 17:00 Uhr bis 18:00 Uhr retour zu kommen und verschwinden recht bald in den Erdhöhlen, in denen sie an Land wohnen. Diese Tiere halten sich an keinen Zeitplan, sie leben dort und folgen ihren natürlichen Instinkten in ihrem natürlichen Habitat. Für manche ist das zu zeitraubend, für andere wiederrum extrem spannend. Wir gehören eindeutig zur zweiten Gruppe. Um Papageientaucher wirklich zu beobachten braucht es entweder viel Glück oder man wartet darauf und bekommt seine Chance, wenn man weiß wo sie an Land leben. Zunächst haben wir nach etwa einer Stunde ein älteres Tier in der Felswand entdeckt und da wirklich lange Zeit kein weiteres Tier zu entdecken ist, wollen wir schon dieses Tier als Ergebnis verbuchen. Doch aus den Gesprächen wissen wir, dass es einige Brutpaare in diesem Gebiet gibt und wegen einer oder zwei Stunden auf oder ab sich die Beobachtung entgehen zu lassen kommt überhaupt nicht in Frage.
Wir haben beinahe zwei Stunden im eisigen Wind ausgeharrt bis weitere Papageientaucher in Küstennähe auftauchen und es dauert etwa weitere 20 bis 30 Minuten bis sie dann an Land kommen. Bei Kirkjufjara können wir etwa 20 Tiere zählen, es könnten aber auch mehr sein, denn wir haben aufgrund des eiskalten Windes, in dem wir uns nun in Summe seit über 6 Stunden aufhalten, bald die Zelte abgebrochen und sind mit den Erfahrungen, den Beobachtungen und den Bildern wirklich glücklich.

Zurück auf der Ringstraße 1 geht es weiter Richtung Osten und wir sind immer noch happy mit dem was wir an diesem Tag an Naturspektakel erlebt haben. Kurz vor Laufskálavarða sehen wir wieder eine herrliche Landschaft, die Flächen von Mýrdalssandur, die uns veranlassen erneut stehen zu bleiben um die Eindrücke wirken zu lassen. Südlich erhebt sich der Hjörleifshöfði, das ist jener 231m hohe Berg an dem sich der erste Siedler Islands, Ingólfur Arnarson, zunächst niederlies.

Laufskálavarða

Das letzte Wegstück führt uns weiter entlang der 1 bis nach Kirkjubæjarklaustur, den Ort an dem wir in einem Hotel übernachten werden. Kurz, wenige hundert Meter, vor dem Hotel finden wir noch einen herrlichen Flecken, den wir für eine kurze Pause nutzen und es rundet diesen herrlichen, wundervollen, sonnigen Tag ab. Wir sind wirklich zufrieden und glücklich und selbst wenn die restlichen Tage alle furchtbar verregnet sind, schon jetzt wissen wir war die Tour ein echter Erfolg und alles was noch kommt ist Draufgabe.

Kirkjubæjarklaustur

Ein Ritual, dass wir nach dem Abendessen, das in diesem Hotel nicht ganz dem Standard entspricht den wir sonst in Island bekommen, im Zimmer machen ist, die Daten aus der Speicherkarte auf den Computer zu laden und auf einer weiteren Festplatte zu sichern. Nichts wäre schrecklicher in diesem Zusammenhang als wegen ungenügender Sicherung Bilder zu verlieren. Dabei sichten wir die Bilder oberflächlich um dann wenigstens die Chance zu haben den Aufwand auf uns zu nehmen eine ganz schlechte Serie unter Umständen neu zu machen. Am nächsten Tag ein paar Kilometer zurück zu fahren ist für uns viel weniger problematisch, als am Ende der Reise oder zurück zu Hause festzustellen, dass über einige Strecken nichts Brauchbares überbleibt. Das kann ja viele Gründe haben, der Body hat einen Schaden erlitten, die Objektive arbeiten nicht wie erwartet und müssten kalibriert oder gereinigt werden etc. Darauf kann man nur reagieren, wenn man es sieht und die Ansicht auf den Mickymaus-Bildschirmen, selbst an den EOS 5D Mark III und IV, sind selbst mit der Lupe und tief reinzoomen und Histogramm kein echter Qualitätsgarant. Wenn es gar nicht passt sieht man das schon aber es gibt dann eben manchmal im Makrobereich Nuancen, speziell bei ganz dünner Tiefenschärfe, die nicht mehr ganz so leicht erkennbar ist. Die Bilder größer am Rechner mit dem Bildbearbeitungsprogram stichprobenartig zu checken gibt einfach die Sicherheit, dass es wirklich passt.

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